Die Kastanie
Die Herbstkönigin
Geschätzte Lesezeit: 3 MinutenVon fliegenden Igeln und einem verliebten Dichter – das Tessin ist das Land der Kastanie. Seine Bewohner sind verrückt nach ihr.
«Wie mächtig sie dastehen, wie üppig sie blühen, wie tief sie rauschen, wie satte volle Schatten sie werfen, wie sie im Sommer von ungeheurer Fülle schwellen und wie im Herbst ihr goldbraunes Laub so dick und weichmassig liegt!»
Dieses ist nur eine der vielen Liebeserklärungen Hermann Hesses an die Kastanie. Und vielleicht steckt in ihr auch die Liebe zum Tessin, in dem der Dichter viele Jahre gelebt hat. Das Tessin ist nämlich das Land der Kastanien. Wer jetzt durch die scheinbar endlosen Wälder des Kastanienwegs streift, der hört das Laub rascheln und manchmal auch einen leisen, dumpfen Aufprall, der ohne Echo so schnell verstummt, wie man ihn vernommen hat. Man kann dann von Glück sprechen, dass einem nicht ein Igel auf den Kopf gefallen ist. Ein stacheliger Schutzmantel, in dem die runde, rotbraun glänzende Kastanie steckt. Wie schön, die Früchte zu sehen! Sie anzufassen! Sie zu essen! In den abgelegenen Tälern des Tessins war die Edel- oder auch Esskastanie lange Zeit das Hauptnahrungsmittel.
Geschätzt wegen ihres hohen Anteils an Kohlehydraten. Gekocht oder geröstet. Maronen in Milch – das war das Abendessen der Leute im Tessin. Ein wertvolles Lebensmittel, das sie durch den ganzen Winter brachte. Ein Baum reichte für eine Person. Deshalb wurden die Bäume damals nummeriert, und alles was abfiel, gehörte dem Besitzer. Nicht nur die Frucht hatte einen hohen Nutzwert: Die getrockneten Blätter dienten als Viehfutter, die Stämme als Baumaterial für Möbel, die Äste wurden verheizt.
Inzwischen ist aus dem «Brot der Armen» eine «Herbstkönigin» geworden, die es in die Küchen der besten heimischen Köche geschafft hat. Ob im Püree, im Risotto oder als Pasta, ob als Likör, Konfitüre oder geröstet als Wegbegleiter beim Flanieren entlang des Lago Maggiore – die Tessiner sind wieder verrückt nach Kastanien. Die Menschen in den Tälern halten an jenen Traditionen fest, die mit den Kastanien zu tun haben. Sie trocknen die Früchte im Räucherhaus, einem zweistöckigen Steingebäude, das sie «grà» nennen. Hier werden die Kastanien drei Wochen über dem Feuer gedörrt und damit haltbar gemacht. Wenn in diesen Wochen aus einem «grà»wieder weisser Qualm aufsteigt, dann ist nicht ein Papst gewählt, sondern eine Marone gequält.
Infos rund um die Kastanie:
KASTANIENWEG
Die Tessiner nennen ihn «sentiero del castagno». Er liegt in der Region Malcantone, in der auch Hermann Hesse gewohnt hat, und führt durch riesige Kastanienwälder und bezaubernde Dörfer. Startpunkt ist die Gemeinde Arosio, die man vom Hotel Giardino Lago aus mit dem Auto in etwa 30 Minuten erreicht. Empfohlene Jahreszeit: September bis November Länge: 14,8 Kilometer Höhenunterschied: 728 Meter Laufzeit: 5 Stunden
LITERATUR
Hermann Hesse: Bäume – mit Fotos von Dagmar Morath,
Herausgeber: Volker Michels, Insel Verlag, Berlin 2014, 130 Seiten.
HERMANN-HESSE-MUSEUM
Ra Cürta, Torre Camuzzi, 6926 Montagnola
www.hessemontagnola.ch
Rezept für ein Marronisoufflé
Dessert für 4 bis 5 Personen
Zutaten
400 g Milch
40 g Butter
50 g Mehl
80 g Eigelb
100 g Zucker
10 g Stärke
100 g Vermicelles
30 g Quark
10 ml Maronenlikör
50 g Eiweiss
Aus Milch, Mehl und Butter eine Mehlschwitze herstellen. In die abgekühlte Masse die restlichen Zutaten einrühren, bis eine glatte Masse entsteht. Das Eiweiss separat zu Eischnee schlagen, die Masse vorsichtig darunterheben und mit dem Maronenlikör verfeinern. Nun in gezuckerte ofengeeignete Formen abfüllen und bei 190 °C ca. 25 Minuten backen. Guten Appetit!
Zubereitungszeit
ca. 20 Minuten Rezept
Das Hotel zur Story:
Giardino Lago, Minusio
Mehr Details unter:
Hotel Giardino Lago