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Verstanden
Giardino Seerose
November 30, 2019
Am Puls der Zai

Hinter den Kulissen von Zai Ski

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Unter den Skiern ist der Zai-Ski so etwas wie der Bentley unter den Autos. Hergestellt wird er in einer Manufaktur, die präzise Handwerkskunst mit Hightech vereint. Ein Besuch in Disentis.

Dünne Zedernholzplatten liegen zur Verarbeitung bereit.

Die Dohle zählt zu den inteligentesten Vögeln. Treu ist sie und überaus gesellig. Ihr Federkleid schimmert in mattem Schwarz, elegant gleitet sie an Steilhängen entlang, stürzt sich trudelnd in die Tiefe, um dann abrupt die Richtung zu wechseln. Beeindruckend führt sie ihre Kunststücke über dem Himmel von Disentis vor. Für Benedikt Germanier hat sie eine ganz besondere Bedeutung. Er ist der CEO von Zai, ein sportlicher Mann, millimeterkurzes Haar, Dreitagebart. Mit einem gewinnenden Lächeln und einem kräftigen Händedruck begrüsst er mich am Eingang der bekannten Skimanufaktur. Ein mystischer Ort. Unterhalb vom schneebedeckten Lukmanierpass, unmittelbar neben einem gewaltigen Kloster. Es ist kein Zufall, dass eine Idee wie der Zai- Ski hier geboren wurde. Die Skitradition wird in Disentis genauso gepflegt wie das Rätoromanische, die vierte Landessprache der Schweiz. «Die Menschen hier sind sehr eigenwillig und zäh», sagt Benedikt, «aber auch sehr innovativ.» Kaum hat er die Tür der 400 Quadratmeter grossen Manufaktur geöffnet, da stehen wir auch schon mitten im Geschehen. Es dampft, pfeift und rauscht. Der Duft von geöltem Zedernholz und Vanille liegt in der Luft. Der Duft eines frischen Skis.

Jeder Ski wird präzise in Handbreite gefertigt.

Der Zai-Ski ist unter den Skiern so etwas wie der Bentley unter den Autos. Zwischen 800 und 1’000 Paar verlassen jährlich die Manufaktur. Die meisten bleiben in der Schweiz, viele gehen nach Deutschland, Österreich und Frankreich, aber auch in die USA. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 2003 von dem gebürtigen Disentiser und Klosterschüler Simon Jacomet, der nach Abschluss eines Kunststudiums zunächst Skimodelle für Völkl und Salomon entwickelte und die entwickelte und die Abfahrer des Schweizer Nationalteams trainierte. 2009 stieg Benedikt als CEO bei Zai ein. Auch Benedikt war in seinen Zwanzigern erfolgreich als Skilehrer tätig, doch dann verfolgte er eine andere Karriere. Er arbeitete als Ökonom, zuletzt als Chefstratege für eine New Yorker Investmentbank. Desillusioniert von der Finanzwelt beschloss er, das Angebot anzunehmen und zu seinem Lieblingssport zurückzukehren. «Von Simon und den Skibauern lernte ich Dinge, die mir die Wallstreet niemals hätte vermitteln können», erzählt Benedikt. Zwei Männer, die ihre Fähigkeiten zu Superkräften vereinten. Zu dem, was Zai heute ist.

Der Fertige „testa“ fährt sich kraftvoll in verschiedenen Schneelagen.

«Wir sind getrieben davon, die Dinge besser und oft halt auch anders zu machen», meint Benedikt Germanier und hält dabei einen Plastikbecher mit Kaffee in der Hand. Hinter ihm schichten zwei Handwerker gerade verschiedenartige Elemente in zwei skiförmige Kassetten. Die Männer arbeiten präzise wie Uhrmacher, die minutiös winzige Zahnräder zu einer Uhr zusammensetzen. Einer arbeitet sich Stück für Stück von der Oberfläche des Skis zum Kern aus Karbon vor, der andere vom Kern bis zur Unterseite. 30 bis 50 Teile verwenden sie je nach Modell. Dann legen sie beide Kassetten vorsichtig zu einem Sandwich aus Kautschuk, Holz und Stein zusammen und geben es schliesslich in die Presse. Es folgt der wichtigste Arbeitsschritt. 120 Grad und vier Tonnen formen die Einzelteile zu dem, was sie werden sollen – zu einem «testa» (Charakterkopf) zum Beispiel oder zu einem «laisa» (Furche). Die rätoromanischen Namen stehen für den Charakter des Skis. Dieser Ski ist ein «spada» (Schwert). Er hat ein Herz aus Stein. Das ist einzigartig. Es ist der Lieblingsski von Benedikt Germanier.

«Mit Zai kauft man ein Juwel», sagt er. Sieben bis vierzehn Stunden Zeit nimmt die Herstellung eines Skis in Anspruch, im letzten Arbeitsschritt wird er geschliffen wie ein Rohdiamant. Inzwischen kommen Menschen aus der ganzen Welt, um Zeuge des besonderen Handwerks zu werden. Das Wort «zai» ist rätoromanisch und bedeutet «zäh». Es steht für Widerstandsfähigkeit, Langlebigkeit und Ausdauer. Das gilt auch für die Arbeitsmoral in der Manufaktur. Die Menschen sind bei sich. Sie tun das, was sie lieben. Mit höchster Professionalität. «Wenn du nach Perfektion strebst, musst du viele Hürden nehmen», erklärt Benedikt Germanier. Er spricht aus Erfahrung. Zäh im besten Sinne ist auch der Ski selbst. Ein Paar ist nicht unter CHF 3’300 zu haben. Neulich kam ein Kunde in die Manufaktur und sagte: «Der Zai- Ski ist der günstigste Ski, den ich je gekauft habe.» Der Mann hatte den Ski vor zehn Jahren erworben und fährt ihn immer noch.

Benedikt Germanier und Simon Jacomet

Ein Blick aus dem Fenster reicht, um zu verstehen, dass die raue Landschaft die Arbeit in der Manufaktur inspiriert. Die Berge liegen direkt vor der Tür, und die Skier können in jedem Stadium ihrer Entwicklung und unter allen Bedingungen getestet werden. Wann das perfekte Fahrgefühl erreicht ist? Benedikt hält kurz inne. Dann sagt er: «Wir suchen Antworten auf die Fragen des Berges. Leo Tuor hat ein Gedicht für Zai geschrieben. Darin heisst es: Zai liest die Berge und findet die Linie, spielt im Schnee wie Dohlen am Himmel.»

Geschliffen und poliert – die fertigen Skier stehen zum Abholen in der Manufaktur bereit.

Bildquelle © Zai // www.zai.ch

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